„Verleih’ uns Frieden gnädiglich“
Das Weltliche im Geistlichen – das Geistliche im Weltlichen
Von Bach über Mendelssohn bis Brahms
Das Format der Schlosstage über ein verlängertes Wochenende hat sich so gut bewährt, dass es nun endgültig beibehalten werden soll.
Die Schlosswochen Gesellschaft reiht sich im Jahr 2017 thematisch in den Veranstaltungskanon der Stadt Uelzen zum 500. Jahrestag der Reformation ein.
Die Schlosstage wollen aufzeigen, wie sich “geistliche“ und “weltliche” Musik gegenseitig befruchteten. Der Gegensatz zwischen „geistlicher“ Musik (für den Gottesdienst in der Kirche) und „weltlicher“ Musik (für das Haus, den Unterricht, den Konzertsaal, zum Tanzen, zur Unterhaltung, für die Bühne) ist zwar stilistisch meist deutlich zu erkennen, aber doch eher künstlich, wenn man weiß, dass in frühen Messen und anderen kirchenmusikalischen Werken Volkslieder zitiert und verarbeitet werden, dass Bach durch Umtextierung aus weltlichen Huldigungsmusiken Kirchenkantaten und Teile der h-moll-Messe gemacht hat. Auch hat man z.B. den Messen Mozarts und Haydns lange Zeit und nicht nur aus dem Kreise kirchlicher Dogmatiker den Vorwurf gemacht, die Musik wäre zu fröhlich, zu „weltlich“ und zu nahe an der „sündhaften“ Oper – letzteres gilt übrigens auch für Teile der Bachschen Passionen mit ihren vor Dramatik berstenden Rezitativen und fulminanten Chorszenen.
Im 19. Jahrhundert wiederum drangen Elemente der Kirchenmusik (Choräle, Choralvorspiele, fugierte Sätze, Kirchentonarten) sogar in die Oper ein, aber auch in die Symphonik (Mendelssohns „Reformations-Symphonie“), die Kammermusik (zwei markante Beispiele von Mendelssohn und Brahms in unserem Programm) und in die Klaviermusik, z. B. in mehr oder weniger brillanten Klaviertranskriptionen von Orgelchoralvorspielen und Kantatensätzen u. a. von Franz Liszt, Charles-Camille Saint-Saens und Max Reger. Auch im deutschen Lied finden sich z. B. bei Beethoven, Schubert, Mendelssohn, Schumann, Cornelius, Liszt und Brahms immer wieder solche Anleihen aus der geistlichen Musik, die durch die Wahl entsprechender Texte (aus der Bibel, von Paul Flemming, Klopstock, Gellert oder Eichendorff) hervorgerufen wurden.
Das diesjährige Programm will einige Einblicke in dieses spannende und anregende Geben und Nehmen zwischen der Kirchenmusik in allen ihren Facetten und der Welt des Liedes, der Kammer- und Klaviermusik geben. Eckpfeiler des Programms sind Johann Sebastian Bach, der Erzvater der Kirchenmusik, den man nicht umsonst den „fünften Evangelisten“ genannt hat, sein Wiederentdecker Felix Mendelssohn, der die Kirchenmusik des gesamten 19. Jahrhunderts entscheidend prägte, und der Bach-Kenner, -Verehrer,- Interpret und -Bearbeiter Johannes Brahms, z. T. mit sehr bekannten Stücken, aber auch unbekannten Preziosen von anderen Komponisten des 18. und 19. Jahrhunderts, die man auch im Luther-Jahr 2017 wohl kaum an anderen Orten wird hören können.
FREITAG, 1. September, 19.00 UHR
Kammerkonzert I
„Verleih uns Frieden gnädiglich“
Johannes Brahms: Zwei Choralvorspiele für Orgel, bearb. für Klavier zu 2 und 4 Händen
J.S. Bach: Drei 4st. Choräle nach Texten von Martin Luther
Joseph Haydn: „Wieder den Übermut“ für Sopran, Alt, Tenor, Bass und Klavier
Ludwig van Beethoven: Aus: Vier Lieder von Gellert am Klavier zu singen“
Hugo Wolf: Drei Lieder für Bariton nach Texten von Eduard Mörike, „Gretchen vor dem Andachtbild der Mater Dolorosa“
Franz Schubert: „Wie anders, Gretchen“, Szene aus „Faust“
Clara Wieck: Albumblatt über „Ein’ feste Burg ist unser Gott“ – Uraufführung
Robert Schumann: „Figurierter Choral“, „Herr, Herr, hast du mich gar vergessen?“,
„Wenn mein Stündlein vorhanden ist“ – Uraufführungen, Drei Lieder nach Texten von Eichendorff für Bariton und Klavier
Felix Mendelssohn Bartholdy: Zwei Lieder für Tenor, zwei Lieder für Sopran, Aus: „Paulus“: „Die Bekehrung des Saulus“ und „Die Mission“, „Verleih’ uns Frieden gnädiglich“ Gebet nach Lutherschen Worten
Larissa Wäspy, Sopran| Ira Maria Witoschynskyj, Mezzosopran| Philipp Nicklaus, Tenor| Claus Temps, Bariton| Vokalensemble der Holdenstedter Schlosstage| Ira Maria Witoschynskyj, Klavier| Joachim Draheim, Konzeption und Klavier
SAMSTAG, 2. SEPTEMBER, 18.15 Uhr
Kammerkonzert II
„Nun kommt der Heiden Heiland“
Johann Sebastian Bach/ Zoltán Kodály: 3 Choral-Vorspiele, eingerichtet für Violoncello und Klavier
Johann Sebastian Bach/ Ferruccio Busoni: Choralvorspiele für Orgel, für Klavier bearbeitet, BWV 659 und 639
Franz Schubert/ Franz Liszt: „Litaney“ Lied D343, Bearbeitung für Klavier
Franz Liszt: „Invocation“, Variationen über ein Motiv von Bach
Johannes Brahms/ Ferruccio Busoni: Choral-Vorspiele für Orgel, für Klavier bearbeitet op. 122, Nr. 8 und Nr. 11
Felix Mendelssohn Bartholdy: Sonate D-Dur op. 58 für Violoncello und Klavier
Sabine Frick (Cello)|Hinrich Alpers (Klavier)
SONNTAG, 3. SEPTEMBER, 18.15 Uhr:
Kammerkonzert III
„Biblische Lieder“
Johann Sebastian Bach: „Gebt mir meinen Jesum wieder“ aus: „Matthäuspassion“ – Fassung für Bass, Violine und Klavier von Joachim Draheim (Uraufführung)
Felix Mendelssohn Bartholdy: „Es ist genug!“ aus: „Elias“ op. 70
Louis Spohr: Aus: Sechs Gesänge für Bariton mit Begleitung von Violine und Pianoforte op. 154, Nr. 1 und Nr. 6
Antonín Dvorák: „Biblische Lieder“ op. 99, Deutsche Textfassung von Dietrich Fischer-Dieskau
Johannes Brahms: Sonate G-Dur für Klavier und Violine op. 78; Vier ernste Gesänge für eine Bassstimme mit Begleitung des Pianoforte op.121
Hanno Müller-Brachmann (Bass-Bariton) | Bettina Sartorius (Violine)|Hendrik Heilmann (Klavier)
Jeweils eine dreiviertel Stunde vor Beginn der Veranstaltung:
Einführung von Dr. Joachim Draheim.
Vor und nach dem Kunstgenuss wie auch in den Pausen können die Gäste in schönem Ambiente bei feinen Getränken und Knabbereien gute Gespräche führen.