SCHLOSS

Schloss Holdenstedt – ein Kulturzentrum

schloss-holdenstedtIm Jahr 1983 erwarb die Stadt Uelzen das Schloss Holdenstedt, und bereits 1985 konnte das Heimatmuseum aus der Lüneburger Straße in die renovierten Räume des Schlosses einziehen. 1980 hatten Anthroposophen das Schloss der Familie von der Wense, deren Familiensitz es über viele Jahrhunderte gewesen war, abgekauft und mit der Renovierung begonnen. Diese Spuren der typisch anthroposophischen Bauweise sind noch im Dachgeschoss, in dem sich die Magazinräume befinden, zu sehen an den nicht rechteckigen Türrahmen und dem geölten Holz.

Die für die Öffentlichkeit begehbaren Räume sind zum Teil mit sehr schönen Stuckdecken ausgestattet, die man in anderen Bereichen, wie z. B. im ovalen Saal, dem Festsaal des Schlosses, vermisst. Der Grund ist, dass es hier vor ca. 170 Jahren einen erheblichen Dachschaden gegeben hatte, der die Stuckdecken im oberen Stockwerk ganz oder zum großen Teil zerstörte und der zur Folge hatte, dass dem Gebäude ein schweres, solides Dach aufgesetzt wurde, mit dem es sich heute noch präsentiert.

Der Schlosspark wurde durch den Verkauf des Schlosses mit einem Zaun durchtrennt, so dass sich eine Rekonstruktion zu einem historischen Park schwierig gestaltet, zumal der Park in mehreren verschiedenen Fassungen existiert hatte, hinzu kommen noch Entwürfe aus dem vorvergangenen Jahrhundert, die aber nicht realisiert wurden.

In unmittelbarer Nähe, an den Schlosspark angrenzend, befindet sich die kleine, ursprünglich zum Schloss gehörende Kirche, reich ausgestattet mit großen Gemälden und Porträts der ehemaligen Schlossbesitzer. In einem geführten Rundgang erschließt sich dem Besucher die lange Geschichte dieses Ortes, der ursprünglich mit einem Wasserschloss bebaut war. – Unterhalb der Kirche liegt die alte Wassermühle, deren Hauptgebäude heute an Privatleute vermietet ist.

In dieser, mit kurzen Worten umrissenen, Situation befindet sich also heute das Schloss Holdenstedt mit seinen, für die Öffentlichkeit nutzbaren, Gebäuden der unmittelbaren Umgebung. Mittelpunkt des Geschehens ist aber das Schloss, das übrigens im linken Flügel ein gemütliches Café beherbergt, in dem allerlei selbstgebackene Leckereien angeboten werden: Eine wahre Oase für Wanderer und Radfahrer, aber auch für Museumsbesucher!

Das „Museum Schloss Holdenstedt“, so die offizielle Bezeichnung, ist ein Heimatmuseum der Stadt Uelzen, das sich in seinen Sammlungsschwerpunkten von den umliegenden Museen, dem Handwerksmuseum Suhlendorf und dem Landwirtschaftlichen Museum Hösseringen abgrenzt. Die Namen der beiden Museen verraten, womit sie sich hauptsächlich beschäftigen, das Heimatmuseum zeigt hingegen in seinen Räumen bürgerliche Wohnkultur, aber auch wichtige Entwicklungen innerhalb der Stadt über die Jahrhunderte hinweg. So gibt es eine ansehnliche Sammlung von Zunftpokalen, Amtsladen, Münzen, Silber, Zinn, Porzellan, kirchlichen Devotionalien, Textilien – kurz, mit Uelzensien unterschiedlichster Provenienz.

Im sehr gut ausgestatteten Bildermagazin werden Bilder Uelzener Künstler aufbewahrt, oder auch Bilder, die in irgendeiner Weise einen Bezug zu Uelzen herstellen. Ein Sammlungsschwerpunkt sind Gemälde des Düsseldorfer Malers Georg Wolf, der seine zweite Lebenshälfte in Uelzen verbracht hat. Er und seine Frau Margarete Schlemm vermachten der Stadt Uelzen ihren Nachlass, u. a. die „Villa Maria“, deren Verkauf erheblich zum Erwerb des Schlosses Holdenstedt durch die Stadt Uelzen beitrug. Georg Wolf hatte sein Handwerk an der Düsseldorfer Akademie erlernt und sich einen herausragenden Ruf, vor allem als Tiermaler, erarbeitet. In unregelmäßigen Abständen werden seine Bilder ausgestellt.

Einmalig in Norddeutschland ist die im Schloss beherbergte Gläsersammlung, nicht nur in ihrem Umfang, sondern auch in ihrer Qualität. Der Bezug zu diesem Thema leitet sich ab von dem aus Uelzen stammenden Glasschneider Caspar Lehman, der über Nürnberg nach Prag gelangte und dort am Hofe Rudolfs II. zum kaiserlichen Glasschneider avancierte. Angeregt durch dieses historische Vorbild begann der Uelzener Architekt Fritz Röver Gebrauchsglas aus mehreren Jahrhunderten und unterschiedlichster Herkunft zu sammeln. Diese im Laufe der Jahre auf mehrere hundert Exponate angewachsene Sammlung vermachte er dem Museum und der Stadt Uelzen. Das Thema „Glas“ ist in Holdenstedt also allgegenwärtig.

Soviel nun – oder besser, so wenig – zum Sammlungsbestand des Museums, um einen groben Überblick zu geben und den Hintergrund des gastgebenden Hauses für Wechselausstellungen und andere Veranstaltungen etwas zu beleuchten.

Fünf Räume des Schlosses Holdenstedt stehen für Wechselausstellungen zur Verfügung, jeweils der linke und der rechte vom Eingangsbereich und die beiden darüber liegenden mit dem ovalen Saal in der Mitte. Allerdings können im ovalen Saal nur die Wände, d.h. keine in den Raum gestellte Vitrinen genutzt werden, da hier auch fast das ganze Jahr über immer wieder Trauungen stattfinden. Das Schloss als auch der Schlosspark bieten für Hochzeitsfotos eine ideale Kulisse, gerne wird auch das Café für das anschließende Essen oder Kaffeetrinken gebucht.

Die in der Regel fünf bis sechs Wechselausstellungen im Jahr widmen sich ganz unterschiedlichen Themen: Traditionell nutzt der Kunstverein Uelzen, der vornehmlich zeitgenössische Kunst zeigt, zweimal im Jahr die Räume, einmal im Frühjahr und einmal im Spätsommer, während der Holdenstedter Schlosswochen. Hier entsteht ein reizvoller Gegensatz, wenn die oft großformatige moderne Malerei im Ambiente des alten Schlosses hängt und an den hohen Wänden ihre ganze Wirkung entfalten kann. Die anderen Ausstellungen haben meistens einen engen Bezug zum Museum bzw. zur Stadtgeschichte. Hier natürlich spielt Glas immer wieder eine große Rolle, Glas bietet unendlich viele Perspektiven.

Ob Gebrauchsglas wie Trinkgläser oder Vasen, ob Apothekerfläschchen oder Flakons, ob Pressglas, ob Glasinstrumente, ob neue Glasankäufe, ob moderne Glaskunst oder Kunstwerke, die sich mit Glas beschäftigen – alle Aspekte sind interessant und erweitern den Blick auf das Thema und damit auf die vorhandene Sammlung.

Auch Ausstellungen über Uelzener Künstler ziehen viel interessiertes Publikum an. Abgesehen von dem schon erwähnten Georg Wolf sind hier Namen zu nennen wie z. B. Ruth Schaumann, Ernst Pingel oder Wilhelm Thiermann, Namen die mit der Uelzener Geschichte eng verwoben sind. Bei all den genannten Ausstellungsthemen kommt es immer wieder vor, dass die Bevölkerung durch die Presse aufgerufen ist, eigene Exponate zu beizusteuern, was auch sehr gut angenommen wird. Die so hergestellte Bindung und Identifikation der Bürgerinnen und Bürger mit dem Uelzener Heimatmuseum ist ausdrücklich erwünscht.

Neben dem Ausstellungsgeschehen und den Trauungen ziehen auch die Holdenstedter Schlosswochen viele Besucher aus der nahen und weiten Umgebung ins Schloss Holdenstedt.

Die Holdenstedter Schlosswochen finden seit Mitte der 80iger Jahre statt, hier wurde musiziert, wurden Vorträge gehalten, Lesungen durchgeführt. Seit dem Jahr 2000 stehen die Schlosswochen jeweils unter einem bestimmten Thema der Musikgeschichte. Sie beginnen immer am letzten Freitag im August, Musikfreunde aus dem weiten Umkreis kommen nach Holdenstedt, weil die Konzeption dieses Kammermusikfestivals in Deutschland einmalig ist: Alle Veranstaltungen beleuchten das Thema von einer anderen Seite, da gibt es Kammermusik (für Orchester würde weder die finanzielle noch die räumliche Situation ausreichen), szenisch aufgeführte Opernausschnitte, Liederabende und Lesungen.

Die Holdenstedter Schlosswochen und auch eine Anzahl der Ausstellungen werden finanziell von der Niedersächsischen Sparkassenstiftung, von der Sparkasse Uelzen Lüchow-Dannenberg und vom Lüneburgischen Landschaftsverband unterstützt, sonst wäre eine Präsentation in dieser Qualität nicht denkbar.

Da das wunderschöne und sehr individuelle Ambiente des Holdenstedter Schlosses reizt, die Menschen gerne dort hinkommen, finden natürlich auch noch weitere Veranstaltungen im ovalen Saal statt wie einzelne Kammerkonzerte, Lesungen oder Vorträge. Vor allem aber erfreut sich der Ostereiermarkt (immer pünktlich sechs Wochen vor Ostern) großer Beliebtheit. Auch wenn die Künstlerinnen und Künstler zur Adventszeit, ihr Können bei „Kunst und Handwerk“ präsentieren, herrscht reges Treiben im Schloss.

Aber auch im Sommer wird etwas geboten: einmal jährlich, immer im Mai, beteiligt sich das Museum Schloss Holdenstedt am Internationalen Museumstag, dann werden verschiedene Aktivitäten geboten, je nach Wetter im Schloss oder auch im Park, der übrigens auch für das alle zwei Jahre durchgeführte Kinderfest oder für fetzige Musik bei „Rock im Rothen“ als Veranstaltungsort gefragt ist.

Der Tag des offenen Denkmals, attraktiv im Schloss präsentiert, bietet den Besucherinnen und Besuchern Informationen ganz anderer Art am authentischen Ort.

Zieht man nun Bilanz, so kommt man auf eine Zahl von ca. 7000 Besuchern, die jährlich das Schloss Holdenstedt besuchen – man kann also durchaus von einem Kulturzentrum sprechen.

Ute Lange-Brachmann